Graz (pts028/01.10.2018/13:45) – Es war die gebürtige Wienerin und laut Eigendefinition leidenschaftliche Steirerin Waltraud Schinko-Neuroth, die ihre Landsleute als „bienenfleißige Menschen“ bezeichnete. Christoph Leitl, Präsident der Europäischen Wirtschaftskammern, erklärte die Steiermark zum Europameister bei der Forschungs- und Entwicklungsquote. Die liegt mit über fünf Prozent tatsächlich im europäischen Spitzenfeld. Weitere Erklärungsversuche für den Erfolg des Wirtschaftsstandortes Steiermark und eine Vorschau auf zukünftige Herausforderungen lieferten Harald Heber, Andritz Hydro, Markus Mair, Styria Media Group und Stephan Zöchling, Remus-Sebring, am Donnerstag Abend (27.9.2018) im markanten Pachleitner Gebäude MP09 in Graz-Liebenau. Dorthin hatte das Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsunternehmen LeitnerLeitner zur Podiumsdiskussion und Eröffnung ihres neuen Standortes gebeten. Über 200 Gäste waren der Einladung gefolgt.
Persönlich und augenzwinkernd bedankte sich der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl beim „Start-up-Unternehmen“ LeitnerLeitner für die Standortentscheidung und die Schaffung von 20 hochqualifizierten Arbeitsplätzen bis 2020. Tatsächlich feiert das Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsunternehmen LeitnerLeitner 2019 sein 60-jähriges Bestehen. „Mit der Eröffnung des Grazer Büros schließen wir einen weißen Fleck auf der orangen Österreichkarte von LeitnerLeitner“, erklärten die Standortleiter Michael Kern und Christian Oberhumer. „Die Steiermark ist nicht nur ein wichtiger Industriestandort. Auch viele unserer Klienten die von Südosteuropa aus in intensiven Geschäftsbeziehungen zum Standort stehen, haben uns zu diesem Schritt ermuntert.“ Immerhin betreibt LeitnerLeitner neun internationale Standorte. Neben Linz, Wien und Salzburg ist Graz nunmehr der vierte in Österreich.
Standortwettbewerb mit Südosteuropa
Die intensiven Wirtschaftsbeziehungen nach Südosteuropa waren auch ein bestimmendes Thema in der von ORF-Wirtschaftsredakteur Georg Ransmayr moderierten Podiumsdiskussion. Mit durchaus gegensätzlichen Positionen beleuchteten Hörgeräte-Pionierin Waltraud Schinko-Neuroth, Andritz Hydro-Geschäftsführer Harald Heber, Markus Mair, Vorstandsvorsitzender der Styria Media Group AG und Remus-Sebring-Geschäftsführer Stephan Zöchling dabei – nicht nur – die Stärken des Wirtschaftsstandortes.
Duale Ausbildung als Trumpf
Dass die vollen Auftragsbücher vieler steirischer Betriebe kein Zufall seien, betonte Andritz Hydro-Geschäftsführer Harald Heber. Die duale Ausbildung sei im globalen Wettbewerb ein wichtiges Asset für den Produzenten von Komponenten für Wasserkraftwerke: „Die Lehre – auch in Kombination mit der Möglichkeit zur Matura – sichert uns nicht nur hervorragend ausgebildete neue Fachleute, sondern ist auch ein entscheidender Grund für die hohe Unternehmenstreue unserer Mitarbeiter.“ Die derzeitige hervorragende Auftrags- und Ertragslage dürfe kein Ruhekissen sein. Vielmehr müssen die offenen Problemfelder wie der Fachkräftemangel, die Arbeitszeit-Frage oder die Herausforderungen einer globalisierten und zunehmend digitalisierten Wirtschaft offensiv benannt und rasch gelöst werden.
Fehlende Strahlkraft für IT-Experten
Genau hier hakte Markus Mair ein und warnte vor einer drohenden Gefahr für die steirische Wirtschaft: dem eklatanten Mangel an IT-Fachkräften. „Begründet liegt das aber keinesfalls in der Qualität unserer Ausbildungsstätten, denn wir verfügen über hervorragende Universitäten und Fachhochschulen“, zeigte sich der Vorstandsvorsitzende der Styria Media Group AG überzeugt. „Es liegt vielmehr daran, dass es in unserem Bundesland schlicht zu wenige IT-Unternehmen mit Strahlkraft gibt, die attraktive Jobs mit langfristigen Zukunftsperspektiven anbieten.“ Da am Standort Graz nicht genügend geeignetes IT-Personal zu finden war, hat die Styria Media Group ihren Technologie-Hub daher zuletzt ins nur 160 km entfernte Zagreb verlegt.
„Bienenfleißige Menschen“
Um genügend Fachkräfte für das Unternehmen zu haben, hat das Hörgeräteakustik-Unternehmen Neuroth bei der Ausbildung von Anfang an auf Eigeninitiative gesetzt. „Wir haben das Problem an der Wurzel gepackt und eine private Akademie gegründet“, sagt Waltraud Schinko-Neuroth. Dort wurden auch 24 Apartments für die auf Lehre und Praxis basierende Ausbildung zur Verfügung gestellt. Zwei Drittel der Ausbildungsplätze wurden von Frauen belegt. 1979 hat Schinko-Neuroth das Familienunternehmen mit drei Mitarbeitern übernommen. Jetzt arbeiten 700 Fachkräfte in der Steiermark und weitere 500 international.
Fachkräftemangel gefährdet Investitionen
Bei Neuroth hat die Digitalisierung und Vernetzung längst Einzug gehalten. Ständige Updates der Geräte und die Möglichkeit der Fernwartung erhöhen die Komplexität der Aufgaben enorm. Das zwinge dazu, die Mitarbeiter ständig zu schulen. „Die Digitalisierung bringt unseren Kunden aber eine bessere Lebensqualität“, begrüßt Schinko-Neuroth die Entwicklung. Während Neuroth vorbehaltlos auf den Technik- und Logistik-Standort Schwarzau setzt, sieht Remus-Sebring-Geschäftsführer Stephan Zöchling für sein Unternehmen das Ende der großzügigen Investitionstätigkeit in der Steiermark gekommen. „Wir haben seit 2016 rund 23 Millionen investiert. Wir werden das nicht mehr in diesem Umfang tun können, weil uns die notwendigen Fachkräfte fehlen“, konstatiert Zöchling.
Stipendien sollen Frauen locken
Stattdessen engagiert sich der Hersteller von Auspuffanlagen vermehrt in Bosnien und Serbien. „Wir haben in Bosnien Stellenanzeigen für fünf Konstrukteurs-Jobs ausgeschrieben. Gemeldet haben sich 95 top-ausgebildete Bewerber“, verdeutlicht Zöchling die Attraktivität des südosteuropäischen Arbeitsmarktes. Da der steirische Standort in Bärnbach – anders als etwa Andritz in Graz – keine Einpendler anziehe, habe man sich alternative Rekrutierungsstrukturen zurechtgelegt. So setzt man auf Vernetzung mit Unternehmen wie Novomatic, Do&Co oder KTM. „Wir haben gesehen, dass wir so attraktiver für Junge werden.“ Attraktiver für Damen macht sich Remus Sebring übrigens durch Stipendien für Studienplätze für Frauen. Mit einem leidenschaftlichen Appell schloss sich auch Eurochambres-Präsident Christoph Leitl der Forderung nach einer gezielten Qualifikations- und Innovations-Offensive an. Mit dem plakativen Zitat „Swim together or sink alone!“ warb er um Einigkeit unter den EU-Staaten.
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